Palma de Mallorca verbinden viele Menschen mit Urlaub, Strand und bunten Sonnenschirmen. Doch hinter der touristischen Fassade der Baleareninsel liegt auch eine Geschichte von Militärdiktatur, Zwangsarbeit und jahrzehntelangem Verschweigen. In dem Dokumentarfilm „verflochten“, der jüngst bei den 67. Nordischen Filmtagen in Lübeck zu sehen war, zeigt die Filmemacherin und Künstlerin Jule von Hertell wie Orte Erinnerungen bewahren, auch wenn sie längst überbaut oder umgenutzt wurden.
Ausgangspunkt des Filmes ist die Militärfestung Illetes: 1937 wurde dort der Lehrer Jaume Serra Cardell aus Sa Pobla erschossen. Seine Nichte arbeitet bis heute daran, die Ereignisse dieser Zeit aufzuarbeiten und Beweise dafür zusammenzutragen. Jule von Hertell begibt sich als Regisseurin und Produzentin auf Spurensuche, zeigt historische Verbindungen zwischen Deutschland und Spanien und macht dabei Formen des transkulturellen Gedenkens sichtbar. Die Festung Illetes selbst ist ein wiederkehrendes Motiv im Film – ein Ort, der zwischen Erinnerung und Vergessen steht.
Von Hertell hat an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Kiel (HAW Kiel) Multimedia Production studiert und während ihres Studiums bereits ein Auslandssemester in Barcelona verbracht. „Für mich war es wirklich super, dass die Lehre an der HAW so angewandt und umfassend war. Dadurch habe ich dann Lust bekommen, mein Wissen in Barcelona in Richtung Film zu vertiefen“, erzählt sie. Nach ihrem Bachelorabschluss studierte von Hertell im Master Bildende Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg mit dem Schwerpunkt Film und spezialisierte sich auf den Bereich Dokumentarfilm. „verflochten“ ist Teil ihrer transdisziplinären, künstlerisch-wissenschaftlichen Doktorarbeit.

„Dass mein Film auf den Nordischen Filmtagen Premiere gefeiert hat, bedeutet mir sehr viel. Ich fühle mich dem Festival persönlich sehr verbunden, da es dazu beigetragen hat, meine Leidenschaft für den Dokumentarfilm zu entdecken und meinen Blick darauf zu schärfen, auf welche Weise ich arbeiten möchte. Ich hoffe, sehr dass der Film auch noch auf weiteren Festivals in Deutschland und Spanien laufen wird und arbeite daran, eine kleine Kinotour und seinen Vertrieb auf die Beine zu stellen“, erzählt von Hertell.
Momentan ist sie mit der Veröffentlichung des wissenschaftlichen Teils ihrer Dissertation befasst, die im kommenden Jahr im Transcript Verlag Bielefeld erscheinen wird. „Wenn ich dann, neben meinem derzeitigen Teilzeitjob an der ‚Euthanasie‘-Gedenkstätte Lüneburg, Zeit finde, entwerfe ich ein neues Forschungsprojekt, dass ich in meiner Post-Doc-Phase hoffentlich bearbeiten kann“, so die Filmemacherin.
Ihr Tipp für Studierende, die sich auch für das Filmemachen interessieren: „Einfach anfangen – man lernt Filmemachen am besten durch eigene Projekte. Dabei entwickelt man seine künstlerische Handschrift und schärft den Blick für Themen, die einem wirklich wichtig sind.“
