Diplom-Ingenieur Christian Wulff hatte eigentlich nie geplant, Maschinenbau zu studieren. Der heutige Motorbremsenbauer begann seine berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zum Industriemechaniker und arbeitete anschließend im Werkzeugbau. Als er nach Stellen suchte, die zu seiner Ausbildung passten, wurde ihm klar, dass die meisten davon nicht seinen Vorstellungen entsprachen. Wulff entschied sich – mehr aus Zufall als aus Planung – für ein Maschinenbaustudium an der FH Kiel. „Eigentlich hatte ich nie vor zu studieren, aber es war der beste Zufall, der mir hätte passieren können“, sagt Wulff heute.
Von 1999 bis 2005 studierte er Maschinenbau an der FH Kiel und war besonders fasziniert von dem Fach „Produktionstechnik“, das perfekt zu seinem Hobby passte. „Ich wollte immer etwas produzieren“, erklärt er. „Ich habe als Kind schon mit Lego-Technik gebaut und später dann Hubschrauber im Modellbau. Das war einfach spannend für mich.“
Praxisnähe als Schlüssel zum Erfolg
Wulff ist ein Verfechter der Praxisnähe im Studium, da er persönlich in seiner Studienzeit durch praktische Erfahrungen wertvolle Einblicke in die reale Arbeitswelt erlangen konnte. „Deshalb würde ich heutigen Maschinenbaustudierenden raten, unbedingt Praxiserfahrungen zu sammeln – sei es durch Firmenbesichtigungen, Praktika oder auch Projektarbeiten.“
Der ehemalige FH-Kiel-Student war schon immer eher praxis- als theorieorientiert. Besonders in Erinnerung blieb ihm der Tag, an dem das Computerprogramm „SolidWorks“, vorgestellt wurde – ein Programm für die Konstruktion und Gestaltung von 3D-Modellen. „Das war für mich ein echter Gamechanger“, erinnert sich Wulff. „Ich fand es faszinierend, wie schnell man damit Objekte konstruieren kann. Es war wie Liebe auf den ersten Blick – und die Lösung für viele Ideen, die ich vorher schon hatte.“ Bis heute arbeitet er auch privat immer noch viel mit einem 3-D-Drucker, um seine Ideen in die Realität umzusetzen.
Der Einstieg in die Motorbremsentechnologie
Dass Wulff später als Motorbremsenbauer bei Zöllner Energy Systems GmbH, einem weltweit führenden Unternehmen in der Entwicklung und Produktion von Prüfständen, arbeiten würde, war keineswegs geplant. „Ich habe mich nicht bei dieser Firma beworben, weil ich schon immer Bremsenbauer werden wollte“, erklärt er. „Ich wusste zu dieser Zeit gar nicht genau, was das ist. Aber Zöllner Energy Systems GmbH hatte gerade begonnen, 3-D und CAD zu nutzen – und da war ich natürlich genau der Richtige.“ Die Chemie stimmte, und so begann Wulffs Karriere in der Bremsenentwicklung. „Mein Bewerbungsgespräch wurde dann mit dem Satz beendet: ‚Wir sehen uns am Montag‘. Das ging dann also alles ziemlich schnell.“
Motorbremsenbauer*innen sind auf die Entwicklung, Konstruktion, Herstellung und Reparatur von Motorenprüfständen spezialisiert. Die Anlagen, die in einem Leistungsbereich von 1000 kW bis 140 000 kW eingesetzt werden, dienen dazu, die Funktion und Leistungsfähigkeit von Verbrennungsmotoren und Turbinen zu testen und gleichzeitig den Kraftstoffverbrauch in der Entwicklung sowie Serienproduktion zu kontrollieren. Sie sind daher ein wesentlicher Bestandteil der Verifizierung und Qualitätskontrolle in der Motorfertigung. Getestet werden unter anderem die Motoren von Lokomotiven, Stromgeneratoren, großen Containerschiffen oder Kraftwerken.
Vielseitiges Tätigkeitsfeld
Als Motorbremsenbauer ist Wulff in vielen Bereichen tätig – von der Entwurfsplanung über Dokumentation und Simulation bis hin zu Fertigung und Kundenbetreuung im Service. „Mein Aufgabenfeld – das ist vielseitig“, beschreibt er. „Die meiste Arbeit findet am Computer statt: E-Mails beantworten, auf Rückfragen aus dem Verkauf, der Fertigung und dem Service eingehen oder Zeichnungen und Stücklisten erstellen. Aber auch Geschäftsreisen nach Tschechien, Ungarn, Korea, Japan oder China gehören hin und wieder dazu.“
Wulff erinnert sich gerne an eine Geschäftsreise nach Südkorea zurück, bei der er die größten Schiffsmotorbremsen der Welt gesehen hat – bis zu vier Meter hoch und 250 Tonnen schwer. Diese Erfahrung hinterließ einen bleibenden Eindruck: „Das ist einfach unvorstellbar, wenn du diese Bremsen in der Fertigung siehst. Diese Größe kannst du dir im Studium noch gar nicht ausmalen“, sagt er.
Teamarbeit und interkulturelle Zusammenarbeit
Der zentrale Bestandteil seiner Arbeit ist das Organisieren der Fertigungsunterlagen. Dazu gehören alle erforderlichen Zeichnungen, Stücklisten und Einkaufsteile wie Schrauben, Muttern, Ventile oder Hydraulikkomponenten. Dabei erstellt er nicht nur 3-D-Modelle, sondern wandelt auch alte Handzeichnungen in digitale Modelle um. „Pro Bremse gibt es je nach Größe zwischen 100 und 250 Zeichnungen, Stücklisten von 150 bis 400 Seiten und rund 100 Seiten Betriebsanleitung“, erklärt Wulff. „Derzeit haben wir etwa 6000 Zeichnungen, die aktiv genutzt werden.“ Das kontinuierliche Überprüfen, Verbessern und Korrigieren von Zeichnungen und Stücklisten gehört ebenso zu seinem Aufgabenbereich wie die enge Zusammenarbeit mit Gießereien, Fertigern, Lieferanten und Partnern weltweit.
In seiner Arbeit legt Wulff großen Wert auf Teamarbeit - besonders wichtig ist dabei der Austausch mit Kolleg*innen aus verschiedenen Ländern. „Wir arbeiten häufig mit Partnern in Asien zusammen“, sagt er. „Der Fokus auf interkulturelle Zusammenarbeit hätte auch schon während meines Studiums stärker sein können.“ Internationale Kooperationen, das gemeinsame Lösen von Problemen und der direkte Kontakt zu den Kundinnen gehören für Wulff zum Arbeitsalltag. Dabei ist es wichtig, verschiedene Arbeitsweisen und kulturelle Perspektiven zu beachten, um zusammen Lösungen zu finden.
Eine Leidenschaft fürs Leben
Wulff ist überzeugt: „Entweder man liebt Maschinenbau oder eben nicht.“ Wer schon immer gerne Dinge auseinanderbaut und wissen will, wie alles funktioniert, für den ist diese Fachrichtung genau das Richtige. Für Wulff ist sein Job viel mehr als ein Beruf – es ist seine Leidenschaft. „Es ist das, was ich liebe. Ich gehe in dem Beruf auf und bin froh, dass ich das jeden Tag tun kann.“ Von den ersten Tüfteleien mit Lego-Technik bis hin zur Entwicklung und Fertigung von hochkomplexen Bremsen für industrielle Anwendungen – Wulff hat seine Passion beruflich verwirklicht. Und auch wenn sein Monitor mit nur 24 Zoll etwas kleiner ist als die Objekte, die er erschafft, bleibt seine Begeisterung für Technik und Konstruktion ungebrochen.



